Voraussetzungen
für den Schimmelpilzbefall
Ist die
Tauwassermenge kleiner als 1 kg/m² (bei kapillar nicht
wasseraufnahmefähigen Schichten 0,5 kg/m²; bei Holzbauteilen
Sonderregelungen) und die Verdunstungsmenge im Sommer größer als die
Tauwassermenge im Winter, dann kann im Wesentlichen von einer bauschadensfreien
Konstruktion ausgegangen werden. Verbleibt jedoch am Ende der
Verdunstungsperiode ein noch so geringer Tauwasserrest im Bauteil, kann sich
dieser über viele Jahre hinweg unbemerkt zu einer Menge aufsummieren, die fast
unweigerlich zu schweren Bauschäden aufgrund von Durchfeuchtung führen wird.
Wasserdampf,
welcher durch Luftströmung in Fugen (z. B. aufgrund von schadhaften
Luftdichtungsebenen in Dach- und Wandkonstruktionen) in die Konstruktion
eindringen und dort als zusätzliches Tauwasser kondensieren kann und
Führt
zu Schimmelpilzbefall, insbesondere an Innenoberflächen
von Außenbauteilen, aber auch an anderen Stellen auf und innerhalb von
Bauteilen hat in letzter Zeit von sich reden gemacht. Seine Beseitigung bzw.
Vermeidung führt nicht nur zu erheblichen Sanierungskosten. Schimmelpilz kann
auch die Gesundheit der Bewohner gefährden. Dies läßt Unsicherheit aufkommen.
Zwar besteht die Möglichkeit, durch Biozide oder ähnliche Mittel
Schimmelpilzbefall in Räumen zu vermindern oder über gewisse Zeit zu
verhindern. Allerdings kann eine Gesundheitsgefährdung durch diese Produkte
nicht ausgeschlossen werden. Zur Vermeidung von Schimmelpilzbildung in Gebäuden
muß deshalb eine Verhinderungsstrategie entwickelt werden, die von den
Wachstumsvoraussetzungen für Schimmelpilze ausgeht und die komplexen
bauphysikalischen instationären Vorgänge berücksichtigt.
Es hat sich gezeigt, daß die drei wesentlichen
Wachstumsvoraussetzungen „Temperatur,
Feuchte und Substrat“ über eine bestimmte Zeitperiode
simultan vorhanden sein müssen, um Pilzwachstum zu ermöglichen. Die derzeit
üblichen Bewertungsmethoden für Schimmelpilzbildung erlauben keine oder eine
nur indirekte Berücksichtigung instationärer Randbedingungen. In der Literatur
wurde zunächst meist nur die relative Feuchte als einziges Kriterium genannt.
Mittlerweile gibt es auch Angaben über relative Feuchten in Abhängigkeit von
der Temperatur, bei deren Überschreitung Schimmelpilzbildung auftreten kann.
Diese Kennlinien erlauben in der Regel aber keine Differenzierung des
Einflusses von Substrat, Baustoff oder der Verschmutzung. In dieser Arbeit
wurde daher ein biohygrothermisches Verfahren entwickelt, das die Vorhersage
von Schimmelpilzbildung auf Basis aller drei genannten biologischen
Wachstumsvoraussetzungen von Schimmelpilzen bei instationären Randbedingungen
ermöglicht. Das neue Verfahren besteht aus zwei aufeinander aufbauenden
Vorhersagemodellen, nämlich dem Isoplethenmodell und dem instationären
biohygrothermischen Modell.
Das Isoplethenmodell ermöglicht auf der Basis
von Isoplethensystemen die Ermittlung der Sporenauskeimungszeiten und des
Myzelwachstums, wobei auch der Substrateinfluß bei der Vorhersage der
Schimmelpilzbildung berücksichtigt wird. Ein Isoplethensystem beschreibt die
hygrothermischen Wachstumsvoraussetzungen eines Pilzes und besteht aus einem
von der Temperatur und der relativen Feuchte abhängigen Kurvensystem, den sog.
„Isoplethen“, die zur Vorhersage von Sporenkeimung Sporenauskeimungszeiten, im
Falle der Beschreibung des Myzelwachstums Wachstum pro Zeiteinheit
darstellen.
Zwischen einzelnen Pilzspezies ergeben sich
hinsichtlich Wachstumsvoraussetzungen signifikante Unterschiede. Daher wurden
bei der Entwicklung allgemein gültiger Isoplethensysteme nur Pilze
berücksichtigt, die in Gebäuden auftreten und gesundheitsbeeinträchtigend bzw.
bauschädigend sind.
Für diese
etwa 200 Spezies, die beide Merkmale erfüllen, werden quantitative Angaben zu
den Wachstumsparametern Temperatur und Feuchte zusammengestellt. Zur
Unterscheidung der Lebensphasen der Schimmelpilze werden die Daten jeweils
getrennt für Sporenauskeimung und Myzelwachstum erfaßt. Die Differenzierung der
Schimmelpilze nach der von ihnen ausgehenden Gesundheitsgefährdung erfolgt
durch sog. „Gefährdungsklassen“, welche folgendermaßen definierbar sind:
A. Pilz oder Stoffwechselprodukte sind erheblich
gesundheitsgefährdend und dürfen in einem Wohnraum nicht auftreten.
B. Pilz oder Stoffwechselprodukte sind bei
längerer Exposition in Räumen gesundheitsgefährdend (d.h. pathogen) oder
besitzen ein allergenes Potential.
C. Pilz ist nicht gesundheitsgefährdend, ein
Bewuchs führt aber ggf. zu wirtschaftlichem Schaden.
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